Ein Bericht von Naemi Reymann
Schuld ist Uluburun, oder genauer: Die Ausstellung, die ich 2006 im Deutschen Bergbaumuseum in Bochum über das Schiff gesehen habe, das älteste bisher entdeckte Handelsschiff der Welt, das Schiff von Uluburun.
Ab da war es nur noch ein kleiner Schritt, sich für den NAS I-Kurs der Deguwa (Deutsche Gesellschaft für Unterwasserarchäologie) anzumelden. Deguwa wie auch VDST bieten durch den Kurs „Denkmalgerechtes Tauchen“ als Einstieg in die Unterwasserarchäologie den sogenannten „Introductary Course“ (NAS-intro) der Nautical Archeological Society (NAS) an. Neben Vorgaben wie aktuellem tauchsportärztlichem Attest und Versicherung sind taucherische Erfahrung, insbesondere gute Tarierung wichtig.
Die Ursprünge der NAS
Es soll 1986 an der Isle of Wright vor in Portsmouth vor England begonnen haben. Bereits seit 14 Jahren waren wenige Archäologen und hunderte von freiwilligen Tauchern (Nichtarchäologen) mit der Bergung der „Mary Rose“, einem Kriegsschiff der englischen Krone beschäftigt. Relativ schnell wurde deutlich, dass Projekte dieses Umfangs nur mit vielen Helfern zu schaffen sind. Und zwar am besten, indem die meist improvisierten Abläufe und Vorgaben der Archäologen an die Sporttaucher so standardisiert würden, dass auch interessierte Taucher unter Anleitung von Forschern als Grabungshelfern arbeiten können und eine „Win-Win-Situation“ für alle entsteht. So sollen die Ursprünge für das vierstufige Ausbildungssystem der NAS entstanden sein.
Die NAS verbindet seit vielen Jahren durch ihr Kurssystem weltweit interessierte Sporttaucher, Amateuren und Profis, aber auch Historiker, Konservatoren und viele andere. Sie zielt darauf ab, die
nautisch-archäologische Forschung weiter voranzutreiben und deren Forschungsergebnisse zu veröffentlichen (beispielsweise mit der Zeitschrift „International Journal of Nautical Archaeology“ IJNA, die sie halbjährlich herausgibt). In Deutschland bildet die DEGUWA nach dem Ausbildungsschema der NAS aus und bis zu NAS III kann dies auch in Deutschland absolviert werden. Die DEGUWA veranstaltet passend zur Anerkennung der NAS II-Kursteilnahme die jährliche Tagungsreihe „In Poseidons Reich“). Die höchste Stufe NAS IV, die dazu befähigt Arbeiten an einer Fundstelle nach Vorgaben eines Archäologen zu beaufsichtigen, kann nur in Großbritannien abgeschlossen werden.
Denkmalschutz und Archäologie unter Wasser
Ich gehörte im Sommer 2006 mit zu den ersten Teilnehmern des Spezialkurses „Denkmalschutz und Archäologie unter Wasser“, der vom 23.06. bis zum 25.06.06 in der Sportschule in Hennef stattfand. Es war Ferienanfang und Fußball-Weltmeisterschaft, was auch an der Sportschule Spuren hinterlassen hatte (in Form von koreanische Beschriftungszetteln aus der Trainings-Vorbereitung).
Organisator und Ausbildungsleiter war Forschungstaucher Gerd Knepel, unterstützt durch Dr. Marcus Heinrich Hermanns, Thomas Kremers und Dr. Ingo Runde, die Vorträge zu Themen der Unterwasserarchäologie hielten. Von DEGUWA und Tauchsportverband-NRW gemeinsam durchgeführt wurde der Kurs als NAS I-Kurs anerkannt und wir 14 Teilnehmer hatten ein ziemlich gefülltes Pensum an Theorie und praktischen Übungen.
Bei der Einführung geht es darum, Sporttaucher für das Thema zu sensibilisieren, ihnen nahezubringen, dass sie sich an einem Denkmal befinden und ihnen Verhaltenstipps im Umgang mit diesen Orten beizubringen. Wir erfahren einiges über die Grundlagen der Archäologie, ihre Anfänge, Fundplatzkategorien, aber auch rechtliche Aspekte, Fundmeldung, Suchmethoden und Positionsbestimmung, Sicherung bei Unterwasserarbeiten und Datierungsmethoden und den aktuellen Stand der Unterwasserarchäologie.
Die ersten Vermessungs- und Kartographietechniken üben wir am Samstag im Schwimmbad. Da das Schwimmbecken einen 10 Meter Sprungturm besitzt, ist ausreichende Tiefe gewährleistet. Wir fertigen über dem Zeichenrahmen schwebend eine Skizze an (mit einem normalen Bleistift auf einem etwa DIN A3 großen Kunststoffbrett!).
Und wir lernen durch am Boden ausgelegte Metall-Unterlegscheiben am zu vermessenden „Fundort“, wie schnell ein leichter, unbedarfter Flossenschlag bereits für Veränderungen am Boden sorgt. Wären dies Sedimentspuren eines echten Fundorts gewesen, hätten wir sie weggewedelt.. Zeichnen, Messen und dabei immer gut austariert sein ist gar nicht so einfach! Wir messen zunächst nach der Offsetmessung (auch Orthogonalvermessung genannt), bei der von einer Grundlinie aus im rechten Winkel Messpunkte vermessen werden. Weiter geht es mit der Trilateration (auch Dreipunktmessung genannt), bei der jeweils über ein Dreieck gemessen wird – ausgehend von zwei Basispunkten an der Grundlinie. Der angesetzte Vortragsblock erhält eine Unterbrechung durch das WM-Spiel und verschiebt sich in den Abend. Danach geht es weiter.
Für den Sonntag sind die Übungen im Freiwasser geplant. Da die Wambach bei Duisburg durch die Algenblüte zu trübe ist, wird ein Ersatzsee gesucht: Ein Kursteilnehmer ermöglicht uns, den See seines Tauchvereins, dem Schwimmverein Langenfeld 1912 e.V. (Abteilung Sporttauchen) benutzen zu dürfen. So tauchen wir also an der Widdauen II bei Langenfeld und stellen uns der Aufgabe, ein Kajütboot, das auf zehn Metern Tiefe liegt zu vermessen, zeichnen und die Positionsbestimmung durchzuführen. Auch das klingt einfacher als gedacht. Nach den Messungen werden die langen Massbänder zum Trocknen ausgerollt und die Tauchgänge in der Teilnehmergruppe besprochen.
Alles in allem liegt nun ein sehr arbeitsintensives Wochenende hinter uns, das aber Teilnehmern wie Vortragenden viel Spaß gemacht hat!
Nachtrag: Aktualisierung 2018
Durch Änderungen wurden die VDST-Spezialkurse zur UW-Archäologie verändert: Sie heißen nun Einführungskurs Spezialkurs (SK) „Denkmalgerechtes Tauchen“, SK „UW-Archäologie 1“ sowie SK „UW-Archäologie 2“. Weitere Infos gibt es unter VDST Unterwasserarchäologie http://www.vdst.de/umwelt/uw-archaeologie.html Nach wie vor orientieren sich die SKs an der internationalen Ausbildungsstruktur der CMAS und sind damit weltweit anerkannt.
Das Deutsche Bergbau-Museum Bochum (DBM) feierte 2005/06 sein 75-jähriges Bestehen mit der Sonderausstellung „Das Schiff von Uluburun – Welthandel vor 3000 Jahren https://www.bergbaumuseum.de/de/ausstellung/sonderausstellung/archiv. Der Katalog ist leider im Handel vergriffen. Nach seinem Umbau (Wiedereröffnung voraussichtlich Ende 2019/ Anfang 2020) thematisiert das DBM auch die Uluburun in der Dauerausstellung: https://www.bergbaumuseum.de/
Buchempfehlung
„Denkmalgerechtes Tauchen, Unterwasserarchäologie, Wracktauchen“, Herausgeber: Mainberger, Knepel, Eisenmann, Maack, erschienen 2007 bei Delius Klasing. Das Buch ist leider im Handel vergriffen. Restbestände können aber über die DEGUWA, bzw. Gerd Knepel (archaeologie(at)vdst.de) noch bezogen werden.
Internetlinks
VDST Unterwasserarchäologie http://www.vdst.de/umwelt/uw-archaeologie.html
Deutsche Gesellschaft zur Förderung der Unterwasserarchäologie (DEGUWA), Konferenz „Poseidons Reich” u.a. www.deguwa.org
Nautical Archaeology Society (NAS) http://www.nauticalarchaeologysociety.org/
„International Journal of Nautical Archaeology“ (IJNA) http://onlinelibrary.wiley.com/journal/10.1111/%28ISSN%291095-9270
Fotos:
Naemi Reymann (Ixus 500)
Weiterlesen „Denkmalgerechtes Tauchen und NAS II“ https://tsg-grevenbroich.de/wissenwertes/praxistipps/unterwasserarchaeologie_2/