»Extremfotografie – Arktis, Vulkane, unter Wasser, Hochgebirge, Sterne«
Eine Buchrezension Naemi Reymann
Das Kapitel »Faszinierende Unterwasserwelt« des 287 Seiten starken Buchs behandelt auf 55 Seiten die Unterwasserfotografie. Autor ist der Unterwasserfotograf Helge Süß http://helge-suess.com/ , er gibt dem Leser, wertvolle Tipps zu den entscheidenden Einstellungen für Belichtung und Kamera und wie man dafür sorgt, daß die Kamera trocken bleibt.
Zunächst geht es um Meere und Süßwasserseen, die unterschiedliche Bedingungen haben (»man sieht nur, was man kennt«) und den Ehrenkodex der Taucher (»nichts mitnehmen außer Fotos, nicht hinterlassen außer Luftblasen«), Anforderungen an den fotografierenden Taucher (z.B. Tarierung, 10-20% mehr Luftverbrauch, u.a.) und Möglichkeiten, dies beispielsweise im Schwimmbad zu trainieren. Verschiedene Kameratypen von der Kompaktkamera bis zur Spiegelreflexkamera, Objektive für unter Wasser (Makro- und Weitwinkel), Sucher, Planport, Domeport und passende Unterwassergehäuse. Selbst die Größe des Atemreglers kann bei der Unterwasserfotografie eine Rolle spielen. Gehäusetypen: Flexible Unterwassergehäuse, Gehäuse aus Plexiglas, aus Carbonfaser, aus Aluminium. Dann folgt das Thema Licht (in der Dunkelheit, Blitzlicht (mit TTL-Messung – Through the lens), Halogenlicht (mit einer Farbtemperatur von 3.000 bis 4.500 K). LED-Licht (mit hoher Energieeffizienz, geringer Abwärme und Robustheit allerdings auch falschen Farben bei bestimmten Farbtönen), HID-Licht (teuer, aber teilweise beim Technischen Tauchen im Einsatz), Farbkorrekturfilter (vor allem bei Weitwinkel- und Fisheye-Objektiven) und kleine Helfer wie Schnappkarabiner, Kamerapfleger und Wartungstipps, Dichtungen, Reinigung und Kamerazubehör im Fluggepäck.
Clever sind die Anregungen für das Sichern des Gepäcks: Zum einen werden TSA-taugliche Schlösser empfohlen, die bei Kontrollen, bevorzugt in den USA auch mit Spezialschlüsseln geöffnet werden können (statt mit dem Bolzenschneider). Dazu der Tipp Kabelbinder zu verwenden, und zwar solche in ungewöhnlichen Farben (z.B. grün), denn schwarz oder weiß kann jeder! Dazu ein paar zusätzliche ins Gepäck mit dem gedruckten Zettel »please close with zip tie when you’re done«.
Süß gibt wichtige Tipps für die Bildgestaltung (die Klassiker wie Überwasser: Goldener Schnitt, Bildeinteilung und Blickführung), die richtige Ausleuchtung und Lichtführung im Wasser, Makroaufnahmen, Weitwinkelaufnahmen (und wie man »Schneegestöber« im Bild vermeiden kann), dann geht es um Präsentationen (Internetgalerien sollten 30 bis 40 Bilder nicht überschreiten), Präsentationen vor Publikum nicht mehr als 70 bis 90 Bilder (was einem Vortrag von etwa 90 Minuten entspricht). Normalerweise beträgt die Fotografenausbeute eine Erfolgsrate von 1:40! Farben im Wasser (optimale Bedingungen was die Farben angeht finden sich in der Regel meist in Tiefen bis zu 15 Metern).
Salzwasser versus Süßwasser (reines Süßwasser ist klar, aber oft auch recht kalt…). Nett ist die Bezeichnung der »Motivklingel«, des Tauchguides, der einen mit genügend Motivkenntnis auch auf passende Fotomotive (Tiere, Pflanzen, Besonderheiten unterwasser hinweisen kann – ein Unterwasservorteil, den es an Land nicht so oft gibt! Weitergehende Motivsuchen behandeln das Fotografieren von Schwämmen, Wracks und besonderen Sports wie stille Bergseen in den Alpen (der Steirersee auf der Tauplitzalm, der Riesachsee, der Grüne See bei Tragöß, der das Jahr über eine Tiefe von zwei, drei Metern hat und nach der Schneeschmelze eine Tiefe bis zu zehn Metern, es sieht zauberhaft aus, wenn Wege, eine Sitzbank, Wiesen und Bäume in der Zeit im Wasser versunken sind, allerdings hat das sehr klare Wasser selten mehr als 6 Grad…).
Aber nicht jeder See ist leicht zugänglich oder darf betaucht werden: Die Oberösterreich Werbung GmbH organisiert beispielsweise bis zu zweimal jährlich ein Tauchwochenende, an dem in zwei entlegene Bergseen getaucht werden kann. Manche Seen können beispielsweise nur mit einem Helikopter erreicht werden… Auch ungewöhnlich ist das Tauchen in Flüssen. Dies kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen, ich war im Sommer 2011 bei einem unterwasserarchäologischen Survey in der Lahn in Marburg mit beteiligt.
Einer der spektakulärsten Süßwassertauchgänge ist in der Silfra-Spalte möglich. Silfra bedeutet auf Isländisch Silber. Sichtweiten von über 100 Metern bei 3 Grad, Lavabrocken, die mit grünen und braunen Algenfäden dekorativ überzogen sind. Ebenfalls spektakulär der Heißwasserschlot am Meeresgrund des Eyafjördur. Es ist der einzige Heißwasserschlot, der für Taucher zugänglich ist, im Norden Islands gelegen. Das Süßwasser, das mit 80 Grad aus einem Schlot vom Meeresgrund ausströmt ist über 1000 Jahre alt, drum herum ist das Meerwasser nur 5 Grad warm, diese Temperaturunterschied hat eine besondere Flora und Fauna an dieser Stelle entstehen lassen.
Ein fotogenes Wrack auf Zypern ist die Zenobia, die 1980 in den Hafeneinfahrt von Larnaka voll beladen (unter anderem mit Lastwagen) sank, mit ihren 172 Metern Länge gilt sie als das größte betauchbare Wrack des Mittelmeers. Wäre dann noch »Muck diving« in der Lembeh Strait (www.diverslodgelembeh.com) und auf den Galapagos-Inseln, Höhlentauchen in der Höhle Tain (bei Boca Chica in der Dominikanischen Republik) und Rifftauchen auf Wakatobi (www.wakatobi.com).
Weiterführende Tipps
Passende Gehäuse zur Kamera finden: www.digideep.com
Tipps rund um die UW-Fotografie im Internet http://uwpix.org
Internationale Plattform www.wetpixel.com
Helge Süß (Autor Kapitel Unterwasserfotografie) http://helge-suess.com/
»Extremfotografie – Arktis, Vulkane, unter Wasser, Hochgebirge, Sterne«
Edition ColorFoto, Franzis
Autoren: Michael Nagel, Helge Süß, Reinhard Wagner, Martin Rietze, Michael Risch
39,95 Euro, ISBN 9 783645601313 www.franzis.de
Naemi Reymann