Eistauchen, Spaß eiskalt serviert
Ein Bericht von Harald Meisner
Nach gut 10 Jahren war im Februar 2006 auf den Seen Nordrhein-Westfalens erstmalig wieder eine nennenswerte Eisdecke zu beobachten. Dies Gelegenheit sollte natürlich nicht ungenutzt bleiben und so wurde für den 05.02.2006 ein Eistauchgang an unserem Vereinssee geplant.
Für viele war es die erste Gelegenheit für einen solchen Tauchgang unter extremen Bedingungen und für andere der erste nach 10 und mehr Jahren. So war eine sorgfältige Planung unerlässlich, insbesondere, da auch einige weniger erfahrene Taucher teilnehmen wollten. Nach einer Vorbesprechung wurde entsprechendes Material organisiert:
Leinen mit minimal 25 Meter Länge, Axt und Kettensäge, da nicht bekannt war, wie dick die Eisdecke tatsächlich ist, Stromaggregat, Kochplatte für warme Getränke, Verpflegung und natürlich Glühwein.
Generell wurden die Gruppen nach der 4-Sterne Regel aufgeteilt und jeder Taucher musste ein DTG mit Doppelventil und zwei autonomen kaltwassertauglichen Automaten haben. Außerdem war auf ausreichenden Kälteschutz zu achten, wobei die Erfahrung gezeigt hat, dass ein 15 Minuten Tauchgang ohne weiteres mit einem guten Semitrocken-Anzug machbar ist. Die Vorgehensweise wurde theoretisch besprochen und offene Fragen der Teilnehmer wurden ausführlich beantwortet. Auf Grund der besonderen Bedingungen sind besondere Sicherheitsvorkehrungen erforderlich, die ausführlich erläutert werden sollten. Getaucht wird in Zweiergruppen. Einer der beiden Taucher ist mit einer Sicherungsleine (Signalleine) gesichert, der zweite Taucher ist mit dem ersten fest über eine Buddyleine verbunden. Die Signalleine wird mittels Rettungsschlinge und Palstek am Taucher befestigt. Wir haben Seile verwendet, die am Ende einen Karabinerhaken haben. Dieser wird zusätzlich an einem D-Ring am Jacket eingeklinkt, so dass man doppelte Sicherheit hat, falls der Knoten sich lösen sollte. Das Seil ist elementar wichtig als Rückwegsicherung und zur Kommunikation mit dem Signalmann. Nahezu alle tödlichen Unfälle beim Eistauchen auch bei erfahrenen Tauchern passieren auf Grund von fahrlässigen Tauchgängen ohne Leine oder bei Verlust der Leine.
Das Leinenende wird einem festen Gegenstand an Land festgeknotet, so dass es nicht unbemerkt zu Ende geht und dem Signalmann dann das Ende durch die Hände gleitet. Das Seil wird dann während des Tauchganges vom Signalmann geführt und auf Spannung gehalten. Die Leinensignale wurden vor dem Tauchgang ausführlich erläutert und zusätzlich in Folie laminiert von der Tauchgruppe mit unter Wasser genommen. Wir haben die offiziellen Leinensignale verwendet, die auch von den Rettungsdiensten verwendet werden:
Zeichen | vom Taucher gegeben | vom Signalmann gegeben |
X | NOTSIGNAL! (Ich bin in Not!) | NOTSIGNAL! (Sofort austauchen!) |
XX | – | Nach links! |
XXX | – | Nach rechts! |
XXXX | Ich tauche aus | Austauchen! |
XXXXX | Alles in Ordnung! | Alles in Ordnung? |
XX-X | – | Voraus! |
XX-XX | – | Zurück! |
XX-XXX | – | Halt! Auf der Stelle suchen! |
XXX-XXX | Brauche Unterstützung! |
Der angeleinte Taucher sollte am vom Körper abgehenden Seil zusätzlich eine Schlaufe binden, die er mit der linken Hand als Signalhand hält und so die Züge an der Leine gut spüren kann.
Als Alternative zur Buddyleine ist es auch möglich, den zweiten Taucher der Gruppe mit einer eigenen Signalleine auszurüsten. Nachteil ist, dass dann auch ein zweiter Signalmann benötigt wird und die Gefahr des Verhedderns der beiden Leinen ist nicht unerheblich.
Ein dritter Taucher, der Sicherungstaucher wird in gleicher Form mit einer Leine gesichert und verbleibt voll ausgerüstet während des Tauchganges an Land, um im Notfall eingreifen zu können. Um das Warten mit voller Ausrüstung erträglicher zu machen, sollte man eine Sitzgelegenheit bereitstellen. Wichtig ist, dass er eine längere Leine als die Tauchgruppe hat. Für den Fall eines Leinenverlustes der Tauchgruppe wird vereinbart, dass an der Stelle verblieben wird, an welcher der Verlust der Leine bemerkt wurde. Der Sicherungstaucher taucht dann kreisförmig das Tauchgebiet ab um die verlorenen Taucher zu finden und sicher zur Einstiegsstelle zu geleiten.
In der Summe lief das ganze Procedere problemlos ab und die Tauchgänge waren auch für die weniger erfahrenen Taucher ein echtes Erlebnis.
Folgendes ist auch aus unserer eigenen Erfahrung unbedingt zu beachten:
- Echte Tragfähigkeit ist erst ab einer Eisdicke von ca. 15 cm gegeben. Bei dünnerem Eis sollte sich niemand ohne Tauchausrüstung auf dem Eis aufhalten.
- Wenn eine Eisplatte aus dem Eis ausgesägt wird, sollte sie auf das Eis gelegt und nicht darunter geschoben werden, so dass sich das Einstiegsloch nicht selbstständig wieder verschließen kann. Nach dem Tauchgang ist das Loch wieder zu verschließen und gegebenenfalls kenntlich zu machen, damit zum Beispiel Schlittschuhläufer keine böse Überraschung erleben.
- Bei Schnee auf dem Eis kann eine starke Lampe auf der Eisdecke eine gute Orientierungshilfe zum Einstiegsloch sein.
- Es ist unbedingt vor dem Tauchgang mit allen Teilnehmern die Rettungskette zu besprechen und ein Notfallkoffer sollte bereitliegen.
- Fische dürfen nicht in ihrer Winterruhe gestört werden.
- Wenn die Lufttemperatur niedriger ist als die Wassertemperatur sollte man erst unter Wasser aus dem Automaten atmen.
- Auch gute Automaten können vereisen! Membrangesteuerte Automaten sind bauartbedingt vereisungssicherer.
- Der Ausrüstungscheck muss besonders gründlich erfolgen. Die beiden Taucher einer Tauchgruppe, müssen blind wissen, an welchem Ventil der Hauptautomat und an welchem der Zweitautomat ihres Tauchpartners angeschlossen ist, damit bei Vereisung und Abblasen nicht das falsche Ventil des Tauchpartners zugedreht wird und dieser dann völlig ohne Luftzufuhr ist!
- Der Umgang mit der Signalleine ist nicht unproblematisch und sollte vor einem Eistauchgang im Schwimmbad geübt werden. Es ist in jedem Fall eine schwimmfähige Leine als Signalleine zu empfehlen, da eine Leine, die zum Grund sinkt, dort an Steinen, Metallteilen etc. hängen bleiben kann. Schwimmfähige Leinen sind allerdings nicht einfach zu bekommen. Eventuell im Bootszubehör fragen.
Erste Eistauchgänge sollten in jedem Fall in Begleitung erfahrener Taucher durchgeführt werden. Seit kurzem bietet der VDST auch einen Spezialkurs dazu an, der in der Spezialkursordnung auf der VDST Webseite zu finden ist.
Fotos: Martin Wundram, Bernd Wortmann