TDI SDI Shark Awareness Kurs Harald Meisner

Hybodus

 

„Ich erkenn’ dich an den Zähnen“ – –  Spezialkurs
„Shark Awareness Diver“ 

Von Naemi Reymann

 

Am Samstag, dem 6. Juni 2009 trafen sich Harald Meisner und ein Dutzend haiinteressierter Kursteilnehmer im Schulungsraum im Grevenbroicher Schlossbad zum Spezialkurs „Shark Awareness Diver“.
Dieser Kurs ist eine Besonderheit aus mehreren Gründen: Zum einen ist er der erste in Deutschland, der Tauchverband TDI SDI bietet solche Brevetierungskurse lediglich in den USA und in einigen Tauchschulen außerhalb Europas an; zum anderen bereicherte Harry diesen Kurs durch seine umfangreiche Fossiliensammlung (darunter viele versteinerte Haizähne, Knochen, Hautschuppen, Wirbel und mehr). Wir erhielten so die seltene Gelegenheit, neben Folienvortrag und Filmen anschauliches Material der Hai-Vorfahren zu sehen (und manches Exponat sogar anfassen zu dürfen). Das ist eine Besonderheit für Kurse dieser Art. Es soll nur wenige tauchende Hai-Fossiliensammler geben, für Sporttaucher ist es zudem tabu, Gegenstände aus dem Meer mitzunehmen, also auch Zähne heutiger Haie (auch wenn diese von ihrer Geschichte her lebende Fossilien sind). Eine vorteilhafte Kombination, die uns mehrfach für die Tatsache entschädigte, dass wir uns nach dem Theorieteil nicht praktisch in Hainähe begeben konnten. Dies ist bei Tauchkursen meist üblich.
So gehen wir zum weiteren „Life-Haistudium“ entweder in entsprechende Tauchgewässer, gucken Filme (von Hans Hass, Erich Ritter und Co) oder fahren ins nächstgelegene Aquarium (z.B. Aquazoo Düsseldorf, Sea Life Oberhausen oder Burger’s Zoo Arnheim). So starten wir neugierig in unseren mehrstündigen Kurs und am späten Nachmittag sehen wir den Hai mit einem neuen Blick.

Shark Awaremess

 

Shark Awareness
Der Begriff bedeutet so viel wie „Bewusstsein“ oder „Aufmerksamkeit“. Es geht in erster Linie darum, mehr über Haie, ihre Evolution, ihre Schlüsselfunktion in der Natur und ihre Verhaltensweisen zu lernen. Ziel ist ein natürliches Verständnis dieser Tierart, ein verändertes Umweltbewusstsein und das sichere Tauchen in Hainähe.

Diffuses Bild – Mythos Killer
Bisher wird der Hai oft mit dem Begriff der „Angstzination“ in Verbindung gebracht. Wir sind fasziniert – aber auch abgeschreckt. Unsere Vorstellung vom Hai ist oft diffus: Filme zeigen ihn als großen Killer, Nachrichten von Unfällen, Handel (Souvenirs, Schmuggel) und Fischfang (Überfischung, „Finning“) und wir kennen ihn als Nahrung („Schillerlocke“ und Haifischflossensuppe). Die Einstellung, dass man das, was man fürchtet, nicht schützen müsste, ist allgemein weit verbreitet. Warum sollte man Haie eigentlich schützen? Ganz klar, weil sonst das Meer stirbt! Das dies auch Folgen für uns Menschen haben dürfte, müsste eigentlich jedem klar sein… Aber jetzt mal von vorn:

Acht Themenbereiche für „Shark Awareness Diver“

In der Einführung erfahren wir, dass der Hai ein Plattenkiemer ist und zur Gruppe der Knorpelfische gehört. Haie gibt es seit über 400 Millionen Jahren, sind seit 20 Millionen Jahren unverändert und gelten als lebende Fossilien. Dennoch sind sie wenig erforscht, ihre Artenvielfalt unglaublich. Sie sind zu Unrecht gefürchtet, perfekte Jäger, aber ihr größter Jäger ist der Mensch. Da hat sich der Hai über Jahrmillionen entwickelt und nun ist er bereits stark bedroht. Menschliche Profitgier dezimiert stark die Bestände (dieser Prozess vollzieht sich innerhalb nur weniger Jahrzehnte!).
Die Evolution der Haie hat eine lange Geschichte Der „Cladoselache“ ist beispielsweise einer der ältesten Haie (408 Millionen Jahre vor unserer Zeit). Das „Konzept Hai“ ist sehr erfolgreich, z.B. durch sein Knorpelskelett, Panzerung aus Placoidschuppen und nicht zuletzt lebenslangem kostenlosen Zahnersatz. Panzerfische waren vermutlich die Vorfahren. Der Name Panzerfische stammt übrigens von Placodermi ab (von Plax = Plattte, Odus = Zahn und Derma = Haut). Die Schuppen der Haie bestehen aus dem gleichen Material wie die Zähne. Der „Carcharocles Megalodon“ war so riesig, dass er problemlos riesige Wale (Scheldewale) verspeisen konnte.

Cladodus

Shark Awareness, Harald Meisner

 

Megalodon vs Weißer Hai

Fossile Haizähne

In der Systematik (oder auch Taxonomie) ordnet man Tier- und Pflanzenarten nach einem hierarchischen System zu (vom „Reich“ bis zur „Art“). Haie sind in acht Ordnungen eingegliedert.
In der Biologie gelten die Zähne mit zu den aussagekräftigsten Hai-Merkmalen. Sie sind begehrte Forschungsobjekte, da sie über Jahrmillionen erhalten bleiben: Zeitkapseln mit Informationen über Lebensweise, Nahrung und Evolution. Die nicht vorhandene Schwimmblase gleicht der Hai mit seiner Leber aus und ist dadurch perfekt austariert. Nur wenige Arten können aktiv atmen, die meisten müssen ständig mit geöffnetem Maul schwimmen (Zähne zeigen ist also keine Drohgebärde!). So passiert es, das im Netz gefangene Haie als Dauerschwimmer durch Ertrinken sterben. Haie vermehren sich langsam, einige legen Eier (Oviparie), andere sind lebendgebärend (Viviparie).
Auch der Bereich der Sinne und Sensorik fasziniert: Ein Hai verfügt über hoch entwickelte visuelle, akustische, mechanische, elektrische und chemische Sinne, insgesamt sind es sieben. Dank der Lorenzinischen Ampullen nimmt er geringste elektrische Felder wahr, er sieht sehr gut (nachts besser als jede Katze) und manche haben sogar ein drittes Augenlid. Durch sein Seitenlinienorgan nimmt er mechanische Veränderungen auf (z.B. ein zappelnder Fisch als Beute, das ist im Übrigen auch einer der Gründe, warum es in Hainähe nicht so ratsam ist, mit den Händen im Wasser zu plantschen!). Sein Riechorgan ist 10.000 mal empfindlicher als das menschliche. Haie sind in der Lage, einen Tropfen Fisch- oder Muschelextrakt in einem 2000 Kubikmeter großen Wasserbecken zu riechen. Ihr Gehör ist auf den Niederfrequenzbereich ausgerichtet, so dass sie z.B. zappelnde Fische wahrnehmen können. Im Gegensatz zu uns Tauchern können sie auch richtungsbestimmt hören, auf große Entfernung. Schließlich das Schmecken: Hier gilt der „Probebiss“, nach dem Geschmack wird entschieden, ob eine Beute gefressen wird oder nicht.
Im Idealfall wissen Taucher mehr über Identifikation und Bestimmung eines Hais. Harry meinte hier zu uns: „Zeige mir deine Zähne und ich sage dir, wer du bist, was du isst und wie (potentiell) gefährlich du bist“. Aus sicherer Entfernung hilft uns auch die Flossenanordnung bei der Zuordnung. Für die Kommunikation unter Tauchern und an Board gibt es sogar eine in Italien von der Sharkacademy entwickelte Zeichensprache zu den wichtigsten Hai-Namen (so bedeutet der hawaiianische Gruß unterwasser beispielsweise „Sandtigerhai“). Harry lässt uns „Haiarten raten“.
Um zu wissen, wie man sich in der Nähe von ihnen verhalten soll, sollte man ihre Sprache kennen, die „Language of Sharks“: Haie sind von Natur aus sehr neugierig, alles wird überprüft. Sie inspizieren kreisförmig in bestimmten Zonen. Angefüttert kann ihr Verhalten völlig verändert sein; so sehr, dass der innere Kreis einer Fluchtdistanz aufgehoben sein kann. Für kleinere Haie sind wir Taucher eher uninteressant, für größere gilt dies nicht unbedingt (im Zweifel wird „probiert“). Taucher sollten sich Haien gegenüber angemessen verhalten und wissen, wo sie vorkommen (es gibt z.B. auch Arten in Flussmündungen!). Die Organisation Sharkprojekt e.V. hat zusammen mit kommerziellen Anbietern, Tauchguides und Tauchern Verhaltensempfehlungen für die Interaktion mit Haien erstellt. Sharkproject strebt zudem einen Mittelweg zwischen Schutz und Ökotourismus an.

Shark Awareness
Shark Awareness TSG Grevenbroich

Shark Awareness Kurs Grevenbroich

 

Generelle NO-GOs für jeden Taucher
– Fütterung von Großhaien
– Haie berühren
– Tauchen ohne fachkundige Begleitung
– ohne Haiwissen und Briefing

Haiinteressierte können ihre Tauchbasen gezielt nach solchen Kriterien auswählen.
Auch der Schutz der Haie ist wichtig. Fehlen sie als Raubfische in den Weltmeeren steigt die Population der mittelgroßen und kleinen Raubfische unkontrolliert, Friedfische werden dezimiert. Durch kommerziellen Fischfang werden täglich 500.000 Haie durch Fischfang oder als Beifang getötet. Zum Vergleich: Jährlich werden 9 bis 10 tödliche Haiunfälle gemeldet …
In asiatischen Ländern gilt der Hai zudem als besondere Spezialität, ihm werden kulturell bedingt besondere Eigenschaften zugesprochen. So werden bald 250 Millionen Chinesen der „neuen Mittelschicht“ Haifischflossensuppe aus Prestigegründen essen. Schlechte Zeiten für Haie!

Zum Schluß führen wir eine Diskussion über aktiven Haischutz:

– keine Haiprodukte konsumieren (z.B. keine „Schillerlocken“ oder Haifischflossensuppe)- Haiprodukte sind zudem
gesundheitsschädlich (bereits wenig Haifleisch kann das für den Menschen sehr giftige Methylquecksilber enthalten)
– Haiprodukte boykottieren
– Anbieter von Haiprodukten an Schutzorganisationen melden
– Spenden an Schutzorganisationen
– Freunde und Verwandte informieren
– An Aktionen teilnehmen

Links
Organisationen national www.sharkproject.org, www.hai.ch
International www.sharkalliance.org, www.seashepherd.org und www.sharkangels.org 

Haie im Aquarium besuchen, z.B.
Aquazoo-Löbbecke Museum Düsseldorf: www.duesseldorf.de/aquazoo
Sea Life Oberhausen: www.aquarium-ob.de
Burger’s Zoo Arnheim: www.burgerszoo.nl
Océanario Lissabonn www.oceanario.pt (u.a. Übernachtung vor dem Hai-Becken für Kinder)
Weitere Zoos z.B. unter www.zoo-infos.de

Shark Awareness Brevet
Für Anfragen bitte an TDI SDI Instructor Harald Meisner vom TSG Grevenbroich wenden.
TDI SDI Deutschland, Österreich und Schweiz:

TDI SDI

Fotos Naemi Reymann
Zeichnungen Dietmar Weber (DEG Deutsche Elasmobranchier-Gesellschaft)

 

Shark Project